In den 1990er Jahren sind im Rahmen des Krieges der Türkei gegen die kurdische Bevölkerung 4000 Dörfer zerstört worden. Dabei wurden mehrere Millionen Kurden zwangsvertrieben.
Der Gründungsimpuls zur Kurdistanhilfe e.V. entstand nach einer ersten Delegationsreise im Frühjahr 1992 in die kurdischen Gebiete der Türkei. Die TeilnehmerInnen der Delegation - vorwiegend GewerkschafterInnen, ÄrztInnen und RechtsanwältInnen - waren geschockt von den gewonnenen Eindrücken und wollten einen nachhaltigen humanitären Beitrag zur Unterstützung der notleidenden Zivilbevölkerung leisten.
So wurde noch im selben Jahr die Kurdistanhilfe e.V. gegründet, die seither karitativ tätig ist.
Seit 1992, den Gründungsjahr der Kurdistanhilfe e.V., hat sich in der Türkei, abgesehen von einer kurzen Tauwetterperiode, an der kurdenfeindlichen Haltung des Regimes nichts geändert. Im Gegenteil. Seit Erdogan jeglichen demokratisch-rechtsstaatlichen Anspruch aufgegeben hat, wurden 20 Städte wie Şιrnak, Yüksekova, Nusaybin, Cizre oder die Altstadt von Diyarbakir Sur während teils Monate andauernden Ausgangssperren erheblich zerstört. Knapp eine Millionen Menschen sind dadurch erneut zwangsvertrieben worden.
Doch das Siedlungsgebiet des kurdischen Volkes erstreckt sich neben der Türkei auch auf Iran, Irak und Syrien. Auch in diesen Ländern werden die KurdInnen verfolgt und vertrieben. Der Şengal, ein Gebiet im Irak, in dem êzidische (yezidische) KurdInnen leben, wurde im August 2014 vom sogenannten Islamischen Staat (IS) an- gegriffen. Der IS verübte an den Êziden einen Völkermord, verschleppte Frauen und Kinder. Auch heute noch, trotz der weitgehenden Zerschlagung des IS, sind 2000 êzidische Frauen verschollen.
In Syrien gelang es den KurdInnen im Schatten des Bürgerkriegs einen neuen Weg einzuschlagen und ab Ende 2012 eine zunehmende Anzahl von selbstverwalteten Kantonen zu schaffen. Diese waren jedoch schon bald Angriffen des von der Türkei massiv unterstützten IS ausgesetzt. 2015 gelang es den Kurden unter großen Opfern erstmals, mit dem Widerstand von Kobanê, den Vormarsch des IS zu stoppen und zurückzudrängen. Heute besteht in den durch die türkische Aggression existenziell bedrohten selbstverwalteten Kantonen ein neues rätedemokratisches Gesellschaftsmodell, das alle dort lebende Ethnien, Frauen und Männer sowie Religionsgemeinschaften gleichberechtigt einbezieht.
Doch die Region unterliegt einem Embargo der Anrainerstaaten, das den Aufbau und die Versorgung der Region erheblich erschwert, zumal die Kantone trotz der eigenen schwierigen Lage und eines aufopferungsvollen Kampfes gegen den IS noch Hunderttausenden Kriegsflüchtlingen Schutz und Unterkunft gewährt haben. Dennoch geht der gesellschaftliche Aufbau voran. Das bietet auch Platz für Experimente. So z.B. Jinwar: ein Ökologisches Dorf - gebaut von Frauen für Frauen.
Während anfangs der Schwerpunkt der Arbeit der Kurdistanhilfe e. V. im türkischen Teil Kurdistans lag, hat der Verein den Entwicklungen Rechnung getragen und unterstützt heute auch verschiedene Projekte in den kurdischen Regionen des Irak und Syriens.